Jetzt schaue ich mir seit Wochen diese Bilder an - bin so froh, dass ich sie habe. Dennoch manche Bilder bekomme ich fast nicht verdaut - dieses Bild gehört dazu.
Ich kann nicht anders - ich rufe meine Mutter an ... irgendwo habe ich doch ihre Nummer - mal sehen, wer sich meldet!
Mutti - bist du es? Ja, meene Kleene - wer denn sonst?
Wir telefonieren eine gute halbe Stunde - sie brabbelt irgendeinen Text - nur unter großer Konzentration verstehe ich ein paar Worte. Nach ihrem letzten Schlaganfall - kann sie nicht mehr gut sprechen!
Ein paar Mal finde ich es unhöflich einfach nur Ja zu sagen - wo ich doch nicht ein Wort verstanden habe. Das ist halt der Kopf!
Ich frage nach – sie wiederholt und ich habe immer noch nichts verstanden – sie entschuldigt sich… es ginge nicht besser - ich möchte nicht, dass sie weiß, dass ich kaum ein Wort verstanden habe.
Im Laufe des Telefonats gewöhne ich mich ein wenig – sie redet irgendwas – ich weiß nicht, was – ich rede irgendwas – am Ende machen wir Beide eine Pause und sie sagt: Ja, so ist das!
Irgendwer hat Geburtstag!
Omi hat ihre "Sonntagnachmittag, aus dem Fenster Kuck Tassen“ aus dem Schrank geholt - es ist ein besonderer Anlass!
... und unsere Mutter ist auch dabei
Mein Bruder und meine Schwester auf großer Fahrt
Ich erinnere mich nicht mehr, wohin ihre Reise ging – aber sie haben sich offensichtlich gefreut!
Sie waren so schick und voller Stolz
Mischa hat seinen Weg … irgendwie nicht geschafft
War mit Hirnblutungen auf diese Welt gekommen und ich erinnere mich, dass er fast in der Waschschüssel ertrunken wäre – Opa ist wie ein Stier los gerannt, als er kippte … die Badezimmertür, durfte er lange Zeit nicht schließen!
… hier auf diesen Bildern ist er so glücklich – eingebunden in Familie – in die Liebe unserer Omi!
Sie hat immer Geschmack bewiesen und so hatten auch meine beiden Geschwister ein Hütchen auf – daran kann ich heute erkennen, dass es Omi wirklich um uns ging – auch wenn unserer Mutter irgendwann anfing Feuer zu spuken!
Diese Bilder tun so unendlich weh
Okay - irgendwann leben wir alle nicht mehr
Hier ein Bild von Günter mit seinen Söhnen - die Familie ist leider gerade im Krankenhaus stationär aufgenommen - wollen wir die Situation einfach so stehen lassen ... es ist ein super Bild, wie ich finde!
Mutti verteilt essen - ich finde den Gesichtsausdruck und die Körperhaltung meiner Geschwister grandios ... ich könnte darüber Bücher schreiben!
Am 5. Februar 2017 stirbt unsere Mutter im Vivantes Krankenhaus in Friedrichshein - um 18:40 werden die Maschinen abgestellt! Der Augenblick, vor dem ich mich so viele Jahre gefürchtet habe, ist nun da. Endgültigkeit ist so schwer zu ertragen. Jeder ist mit sich selbst - in seiner Erinnerung und mit seinen Gefühlen - beschäftigt. Da sagt die Ärztin doch tatsächlich:
Ihre Mutter ist tot. Es hämmert im Kopf ... was redet die da?
Ich schaue meine Mutter an und sehe, dass sich ihre Lippen blau färben ... das sieht komisch aus. Auch hat sich der Kopf ein kleines Stück abgesenkt und die Mundwinkel wirken ohne jegliche Kraft.
Einen kurzen Moment bricht das Chaos aus. Wie soll es denn nun weiter gehen? Wäre es nicht besser, wenn wir unsere Mutter einfach mit nähmen - wir könnten sie zwischen den Brombeerbüschen beerdigen. Das würde sie so schön finden!
Zunächst gilt es aber einen Arzt zu holen, um den Kopf wieder mit Luft zu fluten.
Allmählich lässt das erste Entsetzen nach und wir verlassen die Station.
Die Idee mit dem Brombeerstrauch hat sich zerschlagen - so geht das heute nicht mehr. Unsere Mutter wird der Leichenschau unterzogen. Das heißt, ihre "sterblichen Überreste" werden begutachtet: Damit soll einwandfrei ihr Tod festgestellt werden. Das ist ja auch nicht verkehrt : Mutti hatte auch oft Angst lebendig begraben zu werden!
... und so gehen 81 Jahre eines bewegten Lebens zu Ende
Ich glaube das einfach nicht ... mal sehen , was heute Abend passiert, wenn ich die Nummer meiner Mutter wähle ...
ich soll eine Nachricht hinter lassen - wer hört sie denn ab?
Ich erreiche sie nicht mehr - was für eine Grütze!